Imago-Paartherapie Beziehungsfrage September 2015
Konflikte, geht’s nicht ohne?
Eine Beziehung ohne Konflikt muss doch möglich sein!
Meine Frage:
In eurem letzten Newsletter habt ihr geschrieben: „Der Konflikt ist ein Freund“. Ehrlich gesagt, ich finde das ein wenig seltsam. Ich will doch in einer Beziehung leben, damit es mir gut geht und nicht, um Konflikte zu haben.
In einer Partnerschaft sollte es doch auch möglich sein, nicht ständig zu streiten bzw. andauernd Konflikte zu lösen. Da würde ich doch lieber alleine leben. Oder wie seht ihr das?
Wir meinen dazu:
Wer würde sich das nicht wünschen! Eine unkomplizierte, glückliche und überwiegend konfliktfreie Beziehung.
Wir können gut verstehen, dass eine Aussage wie „Der Konflikt ist ein Freund“ nicht gerade dem entspricht, was Du dir für eine Partnerschaft wünschst. Wir hatten in unseren ersten Jahren sehr viele Konflikte und während unserer eigenen Imago Paartherapie hat uns dieser Satz überhaupt nicht gefallen. Wir wollten keine Konflikte. Wir wollten Liebe!
Doch im Laufe der Zeit haben wir gelernt, dass nicht Konflikte an sich das Problem sind, sondern eher die Art, wie wir damit umgehen. Destruktiv oder konstruktiv? Und wir haben, wie so viele Paare, oft den destruktiven Weg gewählt und waren dann enttäuscht, dass sich nichts verändert. Doch um einen Konflikt wirklich positiv nutzen zu können, haben wir gelernt zu verstehen, worum es dabei eigentlich wirklich geht.
Jeder Konflikt hat ein Thema, also den Streitgegenstand. Das ist der Inhalt der Auseinandersetzung.
Immer wieder beliebte Themen sind zum Beispiel der gemeinsame Haushalt, Umgang mit Geld, Kindererziehung, Herkunftsfamilie und vieles mehr. Zum Streiten eignet sich fast jedes Thema.
Dieser Gegenstand ist das so genannte „Streitsymbol“. Dieses Symbol hilft uns, die Streitenergie zu materialisieren, um damit eine innere und unbewusste Spannung zu konkretisieren. Oder, anders gesagt, es geht nie um das Streitthema. Es geht immer um etwas tiefer Liegendes, das durch dieses Thema symbolisiert wird und meistens nicht bewusst oder benennbar ist.
Beziehungskonflikte sind nämlich die unbewusste Wiederholung einer sehr früh im Leben erfahrenen emotionalen Verletzung, an die wir uns in der Regel nicht erinnern können. Die Ursache dieser emotionalen Verletzungen sind meistens unerfüllte Entwicklungsbedürfnisse aus unserer frühen Kindheit.
Entwicklungsbedürfnisse sind Inhalte frühkindlicher Phasen der eigenen Persönlichkeitsentwicklung, in denen ein bestimmtes Verhalten der eigenen Eltern notwendig ist, um diese Bedürfnisse zu erfüllen.
Dabei geht es um Themen wie Sicherheit, Nähe und Distanz, Wertschätzung, Unterstützung usw. Wenn diese Phasen aufgrund welcher Umstände auch immer nicht abgeschlossen sind, besteht die Sehnsucht nach der Erfüllung dieser Bedürfnisse auch im Erwachsenenalter weiter.
Bei einem Beziehungsstreit geht es also nicht um das Symbolthema, sondern um ein darunter liegendes unerfülltes Bedürfnis. Und aufgrund der Imago Partnerwahl hoffen wir, dass unser Partner, unserer Partnerin dieses Bedürfnis erfüllt. Und wenn das nicht passiert, dann gibt es Konflikte.
Nachdem aber meistens beide Partner nichts von diesen verborgenen Themen wissen, verhakt sich die Auseinandersetzung auf der Symbolebene. Und dort ist üblicherweise niemals eine Lösung möglich, weil es ja um etwas ganz anderes geht.
Der Satz „Der Konflikt ist ein Freund“ bedeutet nun, dass es durch den bewussten Umgang mit Streitthemen möglich ist, dieses tiefer liegende, wahre Bedürfnis zu erkennen.
Denn erst wenn wir in einer Beziehung wissen, worum es wirklich geht, können wir uns bewusst damit auseinandersetzen und lernen, diese Bedürfnisse wahrzunehmen, auszudrücken und auch zu erfüllen.
Insofern ist die aktive konstruktive Auseinandersetzung mit Konflikten der Weg, um eine wirklich entspannte und liebevolle Beziehung zu führen.
Denn nur wenn wir in einer Beziehung wirklich aufeinander eingehen können, dann kann die Liebe wachsen und dauerhaft bleiben.
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