Imago Paartherapie Beziehungsfrage September 2016
Ich hätte gern mehr Sex.
Doch meine Frau zieht sich immer mehr zurück.
Meine Frage:
Ich hätte gern mehr Sex mit meiner Frau. Obwohl, das ist nicht ganz richtig. Ich muss schreiben: ich hätte gern überhaupt wieder einmal Sex mit meiner Frau. Denn zwischen uns läuft schon lange nichts mehr. Ich weiß gar nicht, wann wir das letzte Mal miteinander geschlafen haben.
Ich brauche den Körperkontakt mit ihr, sonst komm ich mir ziemlich einsam und verloren vor. Erst wenn wir wieder miteinander schlafen, fühle ich mich mit ihr wirklich nahe und verbunden.
Bei meiner Frau ist es genau andersherum. Erst muss sie sich nahe und verbunden fühlen, dann kann sie mit mir schlafen. Sie sagt mir auch immer wieder, wie ich mich verhalten soll, dass sie diese Nähe spüren kann. Aber wenn es mir nicht genau so gelingt (und das passiert immer wieder), ist es gleich vorbei. Sie zieht sich wieder zurück und ich komme mir dann wie ein Versager vor.
Das führt dann leider dazu, dass ich ziemlich ärgerlich werde. Sie bekommt dann Angst und zieht sich komplett zurück. Dabei will ich das gar nicht, aber wenn ich so verzweifelt bin, kann ich mich nicht immer beherrschen!
Wir meinen dazu:
Wahrscheinlich haben Sie beide bei dem ganzen Stress und Streit vergessen, dass Sie sich eigentlich nach dem gleichen sehnen: nach Nähe und Verbundenheit.
Nur der Weg, wie jeder von Ihnen zu diesem Gefühl kommt, ist ziemlich unterschiedlich und sogar gegensätzlich. Doch nicht nur das!
Der jeweils eigene Zugang zum Erleben dieser Nähe und Verbundenheit erzeugt beim Gegenüber Distanz, Rückzug oder Ärger. Also genau das Gegenteil von dem, was Sie beide sich wünschen!
Dieses Beziehungsmuster ist nicht ungewöhnlich. Ein Partner braucht Sex, um die Nähe zu spüren, der andere braucht Nähe, um sich sexuell einlassen zu können. Daraus entsteht ein Machtkampf über den „richtigen Weg“, um diese Verbundenheit und Nähe zu spüren.
In Ihrem Fall scheint es so zu sein, dass Sie die Wünsche Ihrer Frau als Bedingungen erleben, die Sie erfüllen müssen, um Sex zu bekommen. Daraus entsteht dann leicht ein Gefühl von „Ich muss deinen Erwartungen entsprechen. Und wenn ich das nicht tue, dann bin ich nicht gut genug für dich“.
Entsprechend unsicher begegnen Sie dann wahrscheinlich Ihrer Frau, die in dieser Unsicherheit keine Verbundenheit und Nähe spüren kann.
Um was geht es wirklich?
Ihre Frau zieht sich zurück, Sie werden ärgerlich, darauf bekommt Ihre Frau Angst und geht noch mehr auf Rückzug usw. usw. usw. Sie kennen beide diese Spirale, in der Stress immer mehr, Freude und Lust immer weniger werden.
Auf den ersten Blick erscheint es, als wäre es eine Auseinandersetzung über mehr oder weniger Sex. „Du willst nie“, oder „Du willst immer“! Doch darum geht es nicht wirklich! Es ist kein Konflikt über mehr oder weniger Sex.
Es ist ein Konflikt über den Weg zu einem Ziel. Und dieses Ziel ist nicht Sex, sondern Nähe und Verbundenheit!
Wir wissen allerdings nicht, ob Ihnen als Paar bewusst ist, dass Sie beide eigentlich das gleiche wollen.
Was sollen wir tun?
Also sollten Sie sich vielleicht in einem ersten Schritt einmal zusammensetzen und einander sagen, was Sie wirklich voneinander brauchen. Allerdings nicht auf der Handlungsebene (was ich möchte, dass du tust), sondern darüber, was ihre Seele braucht. Damit meinen wir ihr inneres, oftmals schwer in Worte zu fassendes Gefühl, dass Sie spüren, wenn Sie sich nahe und verbunden fühlen.
Erst im nächsten Schritt kann es darum gehen, wie denn dieses Gefühl entsteht.
Dabei ist wichtig, dass jeder von Ihnen darauf achtet, dem anderen dieses Gefühl von Nähe und Verbundenheit erleben zu lassen. Denn das ist der wirkliche Schlüssel, wie Sie beide die Liebe spüren können, die in solchen Momenten entsteht.
Ein guter Weg kann sein, sich darüber auszutauschen:
- Wie kann ich mich verhalten, damit Du spürst: Wir sind uns nahe!
Doch meistens versuchen wir es mit dem Gegenteil, auch wenn wir immer wieder erleben, dass es nicht funktioniert:
- Wie sollst Du dich verhalten, damit ich spüre: Wir sind uns nahe.
Und ein weiterer, ein dritter Schritt kann sein, dann am besten mithilfe eines Imago Dialogs, über die Bedeutung zu sprechen. Was heißt es denn, mich so zu verhalten, dass du spüren kannst „wir sind uns nahe“? Welche Gefühle kommen da in mir auf, was denke ich dann, warum ist das (unter Umständen) so schwierig für mich?
Wir sind zuversichtlich, dass es Ihnen so gelingen wird, Einigkeit über den Weg zu finden. Und die Nähe und Verbundenheit, die Sie dann miteinander spüren, werden Sie in einer ganz anderen Qualität erleben.
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