Imago Paartherapie Beziehungsfrage Januar 2016
Ich kann mich nicht erinnern!
Können wir trotzdem eine Imago Paartherapie machen?
Meine Frage:
In letzter Zeit ging es meiner Frau und mir nicht sehr gut miteinander. Wir haben überlegt, ob uns eine Paartherapie helfen könnte. Wir sind dabei auch auf die Imago Paartherapie gestoßen und haben einen Informationsabend dazu besucht.
Im Prinzip hat uns die Idee gut gefallen, und wir fanden den Vortrag und die Demonstration an dem Abend sehr interessant. Womit ich allerdings Schwierigkeiten habe ist mir vorzustellen, unsere Beziehungsprobleme haben ihre Ursachen in meiner oder unserer Kindheit.
Vielleicht ist das so, ich weiß es nicht. Ich kann mich an so gut wie nichts in meiner Kindheit erinnern. Soweit ich weiß, war alles in Ordnung. Können wir dann überhaupt eine Imagotherapie machen, wenn ich mich nicht erinnern kann?
Wir meinen dazu:
Ja, natürlich, Sie können zusammen mit Ihrer Frau eine Imago Paartherapie beginnen, auch wenn Sie im Moment keine Erinnerungen an Ihre Kindheit haben.
Es ist nicht notwendig, dass Sie am Beginn einer Paartherapie schon alle Ursachen und Auswirkungen der Probleme erkennen und verstehen. Eine Therapie ist ja dazu da, dass Sie als Paar gemeinsam lernen, wie das alles zusammenhängt.
Erinnerungen an die Kindheit dienen in diesem Zusammenhang dazu, die Ursachen des jetzigen Verhaltens besser nachvollziehen zu können.
Erinnerung hilft bei der Erklärung, warum es so ist, wie es ist. Und sie zeigt auch den Weg, den Sie gehen können, damit es anders wird.
Doch Menschen sind verschieden und so ist es auch mit der Erinnerung und dem Gedächtnis. Deswegen vielleicht ein wenig mehr über „Erinnerung“.
Wir unterscheiden zwischen dem expliziten und dem impliziten Gedächtnis. Im expliziten Gedächtnis sind all die Erinnerungen gespeichert, die wir bewusst reproduzieren und wiedergeben können. Also zum Beispiel vom letzten Urlaub zu erzählen, oder was wir gestern erlebt haben.
Zum impliziten Gedächtnis haben wir keinen bewussten Zugang. Dort sind in sogenannten „Schemata“ die Muster gespeichert, nach denen wir Erlebnisse und Wahrnehmungen einordnen, bewerten und darauf reagieren. Diese Schemata helfen, Dinge schnell einzuordnen und damit umzugehen, ohne darüber nachdenken zu müssen.
Das implizite Gedächtnis bestimmt also alles, was wir denken, sagen, tun. Insofern brauchen wir uns nicht erinnern, denn jeder Mensch ist in seinem Wesen lebendige Erinnerung.
In einer Beziehung führt das häufig dazu, dass Menschen das Verhalten ihres Partners/ihrer Partnerin aufgrund eigener unbewusster Schemata interpretieren und entsprechend reagieren. Meistens hat das dann leider wenig mit dem zu tun, was der oder die Andere erlebt und führt zu Missverständnissen und Konflikten.
Um das zu verändern hat einen Imago Paartherapie drei Schwerpunkte:
- Erkennen, woher es kommt
- Verstehen, was es bewirkt
- Verändern, was es braucht
Mit „Erkennen, woher es kommt“ meinen wir, die Entstehung und Funktion der sogenannten Schemata in der eigenen Kindheit herauszufinden und dann miteinander darüber sprechen. Also implizite Erinnerung und Erfahrung explizit machen.
„Verstehen“ heißt in diesem Zusammenhang, die Auswirkungen dieser unbewussten Handlungen auf die eigene Beziehung erkennen und infolge nachvollziehen, was es für den Partner/die Partnerin bedeutet.
Und mit „Verändern“ meinen wir: Beide Partner lernen, das eigene Wahrnehmungsschema so zu ändern, dass jeder versteht, was den Partner/die Partnerin wirklich bewegt und beschäftigt.
Ihre Frage ist nun: „Kann ich eine Imago Paartherapie beginnen, auch wenn ich mich nicht erinnere?“ Wir sagen: Ja, denn dann beginnen wir mit dem Verstehen und arbeiten weiter an der Veränderung. Und oft zeigt sich dann im Laufe einer Paartherapie, dass die Erinnerung langsam auftaucht und es immer klarer wird, wie Ihre Kindheit Ihr jetziges Beziehungsleben beeinflusst.
So ist unser Vorschlag: Machen Sie sich gemeinsam auf den Weg, auch wenn zu Beginn der Verlauf noch nicht ganz klar ist! Wir sind uns sicher, es lohnt sich.
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