Imago Paartherapie Beziehungsfrage Dezember 2015
Ein Fest der Liebe?
Familientraditionen loslassen!
Meine Frage:
Heuer wird Weihnachten wieder totaler Stress. Mein Freund meint, wir müssten am 24. mit seiner Familie feiern. Wenn wir das aber machen, sind meine Eltern beleidigt. Vor allem mein Vater macht mir dann indirekt Vorwürfe.
Letztes Jahr waren wir zuerst bei der Familie meines Freundes, dann bei meinen Eltern. Niemand hatte etwas davon. Schön war es nicht, im Gegenteil, es war eine ziemliche Hetzerei. Und richtig zufrieden war auch niemand.
Ich weiß jetzt ehrlich gesagt nicht, was ich machen soll. Ich möchte nicht, dass irgendjemand beleidigt ist, gerade zu Weihnachten. Aber ich habe das Gefühl, wir als junges Paar (wir sind Mitte 20) kommen total zu kurz und richten uns nur nach dem, was die anderen wollen.
Wir meinen dazu:
Man könnte sagen, „Alle Jahre wieder…“, denn diese Frage ist fast schon so etwas wie ein Klassiker im Repertoire der Familienstreits zum Thema Weihnachten.
Und aus unserer Sicht ist es kein Zufall, dass gerade zu Weihnachten diese oder ähnliche Fragen in vielen Familien und Beziehungen zu Konflikten und Auseinandersetzungen führen. Wer mit wem, wann, wie, wo feiert und manchmal wohl auch die Frage: warum feiern wir? Ein Thema fast jeder Paartherapie!
Weihnachten bedeutet für viele Menschen immer noch Familienzusammenhalt, Begegnung und schließlich auch so etwas wie die Sicherheit, dazuzugehören. Der christliche Charakter dieses Festes tritt dabei in den letzten Jahrzehnten immer mehr in den Hintergrund. In nicht wenigen Familien hat Weihnachten als die Feier der Geburt Jesu die Bedeutung verloren, die eigentlich ursprünglicher Anlass für diesen Festtag war. Trotzdem ist es ein Ritual, das von jeder Familie ganz unterschiedlich mit eigenen Regeln und Gebräuchen gestaltet wird.
Kirchgang oder nur zu Hause, großer oder kleiner Weihnachtsbaum, viele, wenige oder vielleicht gar keine Geschenke, bestimmte Speisen und Getränke, Familien haben ihre eigenen Traditionen, die sie gerne beibehalten möchten. Doch wer bestimmt diese Traditionen, oder auch die Regeln?
Im Idealfall sprechen sich alle Beteiligten ab und vereinbaren dabei gemeinsam, ob und wie sie diesen Tag oder Abend miteinander verbringen möchten.
Doch das scheint bei Euch anders zu sein. Eher wirkt es so, als glaubt Ihr, die Erwartungshaltungen eurer Eltern erfüllen zu müssen.
Aus Sicht der Imago Paartherapie ist es ein wichtiger Schritt in der Entwicklung junger Paare, sich bewusst mit den Bräuchen und Regeln der jeweiligen Herkunftsfamilien auseinanderzusetzen. Idealerweise entscheiden dann beide gemeinsam, was davon übernommen, verändert oder losgelassen wird.
Dieser wichtige “Differenzierungsprozess“ hilft einem jungen Paar, Eigenständigkeit und Selbstbewusstsein zu entwickeln. Doch es ist manchmal für die Eltern nicht leicht, den nun schon fast erwachsenen Kindern zuzugestehen, eigene Wege zu gehen und Vorgegebenes infrage zu stellen. Besonders dann, wenn es eine lieb gewordene Tradition verändert, die vielleicht mit großer Emotionalität verbunden ist.
Denn manchmal will eine Familientradition etwas festhalten, was vielleicht schon vorbei ist. Diese Veränderung, vielleicht auch diesen Verlust zu realisieren, macht Angst. Und eine Reaktion im Umgang mit dieser Angst kann sein, „beleidigt“ auf diejenigen zu reagieren, die diese Veränderung initiieren.
Wie wäre es denn, wenn Du und Dein Freund euer Weihnachten so gestaltet, wie es Euch am besten gefällt. Unabhängig davon, ob Ihr die Erwartungen eurer Familienmitglieder erfüllt. Was tut Euch gut, was tut Eure Beziehung gut und wie würdet Ihr gerne diese Zeit miteinander verbringen?
In Deiner Frage hast Du geschrieben, dass letztes Jahr niemand wirklich zufrieden war. Vielleicht beginnt ihr an diesen Weihnachten erst mal darauf zu achten, dass Ihr beide zufrieden seid. Und dann, im nächsten Jahr, andere Familienmitglieder in Eure Zufriedenheit einladet. Wir glauben, sie werden gerne kommen.
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