Imago Paartherapie Beziehungsfrage April 2016
Hilfe, er hat keine Gefühle!
Ohne Logik geht bei meinem Mann gar nichts !
Meine Frage:
Mein Mann ist ein totaler Kopfmensch. Er muss erst immer lange überlegen, bevor er sich zu irgendetwas entscheidet. Und wenn nicht alles ganz klar und logisch ist, kommt er überhaupt nicht damit zurecht und macht gar nichts. Wir streiten dann oft, denn er meint, ich solle auch immer alles genau begründen, was ich sage.
Ich weiß oft gar nicht, was er von mir will. Denn im Gegensatz zu ihm bin ich sehr emotional und gefühlsbetont. Oft sage oder tue ich Dinge spontan, ohne groß darüber nachzudenken. Mir geht es gut dabei und ich fühle mich wohl und lebendig.
Wenn ich mir vorstelle, ich müsste erst immer alles ganz genau durchdenken bin ich überfordert. Ich bin ja ein Mensch und keine Rechenmaschine! Ich würde mir wünschen, mein Mann wäre auch mal ein bisschen spontaner und wir könnten gemeinsam in den Tag hinein leben!
Wir meinen dazu:
Das ist sicher eine schöne Vorstellung! Gemeinsam frei und spontan das Leben genießen! Und wir können uns vorstellen, dass es für Sie manchmal ziemlich anstrengend ist, wenn das Miteinander nicht so einfach geht.
Doch wenn wir Ihren Mann fragen würden, glauben wir, dass er uns etwas Ähnliches erzählen würde, allerdings mit umgekehrten Vorzeichen. Wahrscheinlich würde er sagen, wie schön es wäre, wenn Sie gemeinsam alles gut überlegen und dann entscheiden und genießen.
Unsere Vermutung ist, dass sie beide trotzdem nicht glücklich wären, weil dann etwas Wesentliches in Ihrer Beziehung fehlen würde.
Den Gedanken und Gefühle sind zwei Seiten derselben Medaille und sind einander ähnlicher, als es auf den ersten Blick den Anschein hat.
Beides sind nämlich Formen, wie wir die Welt erleben, wahrnehmen, mit ihr umgehen. Und keine von Beiden ist besser oder schlechter, mehr oder weniger wert.
Ideal wäre, beides zu kombinieren und das eigene Leben spontan, emotional und überlegt zu gestalten.
Doch viele Menschen haben aufgrund ihrer Erziehung eine Stärke oder auch Vorliebe entweder für mehr Emotion oder für mehr Rationalität. Und zwar abhängig davon, welches Verhalten in der eigenen Herkunftsfamilie erfolgsversprechender erschien.
Und erfolgsversprechender ist üblicherweise das, wofür wir mehr Anerkennung bekommen. Wir „üben“ dann das eine mehr, das andere weniger. Und das was wir üben, das können wir immer besser, was wir nicht üben, wird uns fremd.
Daraus entwickelt sich dann unsere „Charakterstruktur“. Häufig neigen wir dann dazu, das abzuwerten, was uns fremd ist und wir nicht so gut können.
Gleichzeitig haben wir jedoch eine Sehnsucht nach dem Verhalten, dass wir uns sozusagen „abgewöhnen“ mussten.
Wenn wir uns dann verlieben und eine Beziehung eingehen, suchen wir einen Menschen, der diesen „verlorenen Teil“ repräsentiert. Auf der einen Seite finden wir diesen Teil anziehend und interessant, auf der anderen Seite lehnen wir im Anderen die Fähigkeit das ab, die wir uns selbst wünschen uns aber fehlt.
So ergänzen Ihr Mann und Sie sich perfekt, indem jeder etwas kann, was der andere schon lange verlernt hat.
Eine gute Idee wäre es nun, die Fähigkeit, die der andere zeigt, nicht abzuwerten, sondern als Bereicherung des gemeinsamen Lebens wahrzunehmen. Allerdings sollte es nicht nur so sein, dass der eine denkt, der andere fühlt, sondern vielleicht können Sie voneinander lernen?
Sie könnten Ihrem Mann ein bisschen mehr ins Gefühl führen, und er könnte Ihnen ein wenig die Schönheit der Rationalität näher bringen?
Versuchen Sie doch, diese Fähigkeiten gegenseitig als Qualität und Bereicherung zu sehen und sich dabei zu unterstützen, die Welt mit Gefühl und Verstand zu erleben. Wir sind uns sicher, es wird ein großer Gewinn für Sie beide sein!
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